Eine Heuschrecke als Snack – Foodtour Yangon

Um 17 Uhr sollten wir unseren Guide Khatar beim Maha  Bandoola Park Eingang Richtung Sule Pagode für unsere Foodtour durch Yangons Downtown treffen. Vor zwei Tagen waren wir bereits in diesem Park und wussten schon genau, wo der Treffpunkt liegt. Womit wir nicht gerechnet hatten, waren die hunderten Einheimischen, die dort gerade ein Friedensfest feierten. Zum Glück heben wir uns als zwei europäische Touristen deutlich von den Asiaten ab. So sprach uns gleich ein Mädchen an, das noch mehr froh darüber war uns zu finden, weil sie unser Guide für diesen Abend war.
 

Fusionsküche

Also fing diese Tour – im Gegensatz zu unserer Foodtour in Mandalay – etwas chaotisch an. Unglaublich viele Leute waren an unserer ersten Station, dem Foodmarket neben dem Maha Bandoola Park, und es war laut und stressig. Wir waren trotzdem neugierig wie sehr sich die Küche Yangons von der vom Rest von Myanmar unterscheidet. 
 
Gelernt haben wir als erstes, dass durch die zahlreichen Einwanderer das Essen in Yangon das ist, was man heute Fusion Kitchen nennt. Vor allem indische und chinesische Einflüsse machen sich hier stark bemerkbar. Dementsprechend schmeckt auch das Nationalgericht, die Reisnudelsuppe Mohinga, anders und noch g’schmackiger als im Rest des Landes.
 

Mann & Frau

Khatar hat immer wieder betont wie wichtig es hier allen Leuten ist, friedlich miteinander auszukommen. Egal welche Nationalität oder Religion. Und gemeinsam essen ist immer eine gute Basis für ein friedliches Miteinander. Miteinander ist auch die Basis für gebackene Reismehlschüsserln, die sich „Ehemann & Ehefrau“ nennen und wo jeweils zwei dieser Reistaler zusammengebacken werden. Damit Singles nicht benachteiligt werden, bieten die Verkäufer sie auch als getrennte Varianten mit Ei an. Sieht hübsch aus, schmeckt aber eher langweilig.
 

Gemüse mit Schere schnipseln

Die nächste Station lag an einer schmuddeligen Ecke neben der Sule Pagode. Dort saß eine Inderin und backte auf ihrem Holzkohlenofen, der auf einem Plastiktischerl stand, Dima. Also Reispalatschinke mit Gemüse. Obwohl sie für uns genauso wie eine der unzähligen anderen Straßenköchinnen aussah, ist sie eine bekannte und beliebte Dima-Verkäuferin zu der man aus ganz Yangon extra anreist. Gezeigt hat sich das an der Wartezeit von mindestens 15 Minuten. Hier ist uns wieder einmal aufgefallen, dass hier alle Köche ihre Zutaten mit einer Schere zerschneiden. Sehr ungewöhnlich für uns, aber eigentlich eine schlaue Idee, weil man dazu kein Schneidbrett braucht.
 
Wie hier so oft bei Streetfood hat sie uns das Essen in Zeitungspapier und Plastiksackerl eingepackt und wir sind damit zu einem anderen Straßenlokal im indischen Viertel marschiert. Wieder kleine Plastiktischchen und Sesselchen. Eigentlich sind wir fast den ganzen Abend nur auf Kindermöbeln gesessen. Jedenfalls gab es hier Lassi. Für meinen Geschmack überzuckert, aber für Andreas genau richtig süß. Und mein persönliches kulinarisches Highlight war Falooda. Es ist ein traditionelles indisches Dessertgetränk. Von der Konsistenz wie ein Shake. Neben Milch sind Rosensirup, Eis und Jelly drinnen. Echt köstlich und kunterbunt!
 

Kerzen im Fleisch

Etwas schräg war dann der Nachtmarkt. Es werden dort vor allem Gemüse und oft ganze Tiere, also Fische oder Hühner angeboten. Die Beleuchtung in dieser Straße ist nicht so toll, also habe einige Verkäufer Taschenlampen und andere Kerzen, die sich einfach ins Fleisch stecken. Sehr eigenartig. Apropos Licht. Da wir im ganzen Land noch sehr viele Generatoren sehen, fragten wir nach, wie das inzwischen mit dem Strom in Myanmar ist. Kathar berichtete uns, dass es vor allem in großen Städten wie Yangon nur mehr ganz selten Stromausfälle gibt. Aber in kleineren Ortschaften kommt es vor, dass sich die Regierung gar nicht um eine Stromversorgung kümmert und die Menschen inzwischen selbst viel mit Photovoltaik selbst produzieren.
 

Teehaus-Kultur

Natürlich war ein Besuch in einem Teehaus obligatorisch. Kathar erzählte uns, dass Teehäuser auch deshalb so beliebt sind, weil es jahrelang ein Versammlungsverbot gab, dass nicht mehr als fünf Personen auf einem Fleck erlaubte. So gingen alle offiziell alleine in ein Teehaus, wo man dann doch seine Freunde in größeren Runden treffen und plaudern konnte. Wir plauderten im Teehaus mit unserer Guide über die politische und wirtschaftliche Situation in Myanmar. 
 

Politik und Wirtschaft

Dieses Gespräch war für mich eigentlich der interessanteste Teil der Foodtour. So erfuhren wir, dass vor ein paar Jahren eine SIM-Karte noch zehn Mal so viel wie ein Smartphone kostete. Aber auch, dass sich in den letzten paar Jahren für die Burmesen vieles zum besseren gewandelt hat. 
 
So gibt es inzwischen für alle kostenfreie Behandlungen in Krankenhäusern. Davon, dass das Internet nicht mehr blockiert wird und das das Militär überhaupt keinen Einfluss mehr auf die Regierung hat, sind wir nicht überzeugt. Aber es ist schön zu hören und sehen, dass die Menschen hier in Aufbruchstimmung sind und sich nicht mehr unterdrückt fühlen. Wie schon von unserer Vermieterin in Nyaung Shwe haben wir nun auch von Kathar gehört, dass der Rohingya-Konflikt vor allem vom Militär forciert und angefacht wird, damit sie doch noch ein bisschen Macht demonstrieren können. 
 
Wir wundern uns noch immer sehr darüber, dass so viele Leute kein einziges Wort Englisch verstehen oder sprechen, wo wir schon wieder gehört haben, dass hier jeder schon in der Volksschule Englisch lernt. 
 

Heuschrecke als Snack

Nach dem Teehaus waren wir noch bei einem bekannten chinesischen Streetfood-Laden um Shan-Nudeln zu testen. Und bevor wir zum Abschluss in der 19. Straße, quasi der Ausgehmeile von Yangon, noch einen Drink und eine total leckeren Fisch zu uns nahmen, hat es sich Andreas nicht nehmen lassen ein paar Heuschrecken als Snack einzuwerfen. Ich wollte es gar nicht ausprobieren. Auch wenn der Verkäufer meinte, es sind die leckeren weiblichen Heuschrecken. Für Andreas haben sie vor allem nach Öl und Knoblauch geschmeckt und von der Konsistenz her sind sie sehr knackig und die Beine einfach viel zu stachelig. Ich würde sagen, man versäumt nichts, wenn man keine Heuschrecken verkostet.
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