Wiens unterirdische Innenstadt

Einen ersten Eindruck, wie es in der Wiener Innenstadt unter der Erde aussieht, konnte ich als Wienerin schon das eine oder andere Mal gewinnen. Bei einem Glas Wein im Zwölf Apostelkeller oder im Esterhazykeller. Oder bei verschiedenen Clubbings in den unterirdischen Gewölben des Schottenstiftes oder des Palais Down Kinsky.

Jetzt konnte ich mir die Unterwelt einmal nüchtern ansehen. Ganz ohne Wein oder Technomusik. Gespickt mit interessanten Details zur Geschichte und Nutzung der alten Gemäuer. Mag. Gabriela Lukacs, Fremdenführerin und Expertin für die Wiener Unterwelt führte uns durch drei ausgewählte Kellergewölbe, wo man sonst gar keinen Zutritt hat.

Vorbereitung auf die Türkenbelagerungen

Warum gibt es in Wien eigentlich so tiefe Keller, drängt sich als erste Frage auf. Ganz einfach. Das Fundament einer Stadtmauer musste genauso tief sein, wie die Mauer hoch. Und die Stadtmauer in Wien, die der heutigen Ringstraße entlang verlaufen ist, wurde zum Schutz gegen die Türken bereit gemacht. Also wurde fleißig in beide Richtungen gebaut bzw. gegraben.

4 Stockwerke tief

Die Kellergeschoße wurden verschieden genutzt. Im obersten Geschoß wurden Pferde und Knechte untergebracht. Doch viel spannender ist das Wissen, dass die Keller der Innenstadt alle miteinander verbunden waren. Wir konnten das teilweise noch ganz gut erkennen, weil einige Wände wie Fenster oder Türen in einem Haus, das man nicht mehr braucht, zugemauert waren. Viel wird darüber aber heute nicht mehr geredet. Die Aufzeichnungen über das Kellernetzwerk gibt es zwar noch im Stadtarchiv, aber die bekommt so gut wie niemand zu Gesicht. Wahrscheinlich könnten sonst Menschen mit kriminellen Neigungen auf Ideen kommen, diese Kenntnisse für nicht legale Einstiege in Häuser von unten missbrauchen. Das mit kriminell hat sich für mich allerdings im Keller am Laurenziberg irgendwie relativiert. Denn dort kann man nur als Mitglied eines Clubs, der sich nur „Der Keller“ nennt, hinein. Keiner nennt Namen von Mitgliedern. Angeblich seien einige sehr prominent. Und man munkelt auch auch, dass dort einige konspirative Treffen stattfinden.

Wein und Nonnen im Keller

Ein Keller war nicht aus historischen Aspekten spannend. Dort wo das ehemalige rechte Tor des römischen Militärlagers Vindobona lag, befindet sich heute ein Vinothek, für die die Gewölbe aufwendig renoviert wurden. Gelernt habe ich dort, dass Keller immer wieder in der Geschoßdecke Löcher hatten, damit man dort Eis zum Frischhalten der Lebensmittel nachfüllen kann.

Und Lebensmittel und andere Handelswaren wurden auch in den Gewölben nächst zum Franz-Josefs-Kai gelagert. Dort lebte der Nonnenorden der Laurenzerinnen. Sie waren geschäftstüchtige Frauen, die ihren Lebensunterhalt durch das Lagern der Waren die von Schiffen auf der Donau gebracht wurden, verdienten.

Verbotene Liebe

Da doch alle Keller der Innenstadt miteinander verbunden waren, klingt das Gerücht, dass sich die Laurenzerinnen Ordensschwestern in den Verbindungsgängen unerlaubterweise mit Klosterbrüdern getroffen haben, doch recht realistisch. Und wenn es vielleicht doch nicht stimmen sollte, dann ist es wenigstens eine spannende Geschichte.

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