Authentische vietnamesische Busreise

Auf unsere Nachfragen, wie man von Sapa wieder in den Osten des Landes kommt, wurden wir immer wieder auf den Sleeper Bus verwiesen. Also fragten wir in unserem Hotel nach, weil das in allen Foren und Reiseführern für Sapa genauso empfohlen wird.

Bus ohne Ticket

Unser freundlicher Hotelmanager begleitete uns dazu in ein nahes Hotel, weil er das selbst nicht buchen konnte und sein Freund organisierte für uns die Fahrt von Sapa nach Halong. Wir waren etwas irritiert, dass wir weder Ticket noch Rechnungsbeleg erhielten. Wie versprochen war der Hotelmanager dann auch da, um sicherzustellen, dass wir auch sicher vom Taxi abgeholt wurden. Dieses sollte uns zum Busbahnhof bringen.

Eigenartige Busstation

Nochmals irritiert waren wir, dass es nicht zu dem uns bekannten Busbahnhof ging, sondern dass das Taxi raus aus Sapa ins dunkle Niergenwo fuhr. Als wir dann zu einem eigenartigen Laden gebracht wurden, der eine Reiseagentur sein sollte, ausstiegen und dort noch andere Touristen waren, die auch auf ihre Sleeperbusse warteten, waren wir entspannter. Auch sie hatten alle kein Ticket erhalten, aber bereits die Erfahrung gemacht, dass das in Vietnam oft so läuft.

Wir wurden schon 1,5 Stunden vor Abfahrt zur Reiseagentur gebracht, damit wir auf jeden Fall pünktlich sind. Und dann hatte unser Bus eine gute Stunde Verspätung. Echt mühsam.

Flüchtlingslager-Athmosphäre

Als der Bus endlich kam erlebten wir einen Schock. Denn das hatte gar nichts mit dem Sleeper Bus gemeinsam, den wir von unserer Herfahrt kannten. Jetzt gab es im gesamten Raum des Busses drei Reihen, die von vorne bis hinten wie Stockbetten angeordnet waren. Also wie ein großer Schlafsaal. Jede Liege ist nicht einmal schulterbreit und nicht für den europäischen Körper passend. Unser Handgepäck hatte keinen Platz, weil das offenbar nicht vorgesehen ist. Doch am meisten schockierte uns, dass sogar Leute am Boden des viel zu engen Ganges lagen. Derjenige, der uns einen Platz zuwies, konnte keine Silbe Englisch und seine Gesten waren auch völlig unverständlich für uns. So stellen wir uns ein Flüchtlingslager vor.

Ratlosigkeit

Während der Bus schon unterwegs war, überlegten wir, ob wir wieder aussteigen sollten. Wir waren die einzigen Touristen hier. Da es bereits sehr spät war, wir quasi mitten am Land ohne Infrastruktur waren, wollten wir nicht riskiren, die ganze Nacht irgendwo im Freien verbringen zu müssen. Also beschlossen wir weiter mitzufahren und durchzuhalten.

Bei einer Raststätte wurden dann einige Leute zwischen verschiedenen Bussen herumgetauscht. Immer wieder blieb der Bus – sogar auf der Autobahn – stehen und nahm noch den einen oder anderen Passagier mit. Nur für Toilettenpausen war kein Stopp vorgesehen.

Zwischendurch spielte unsere Phantasie verrückt und wir hofften, dass wir nicht irgendwo umsteigen oder warten mussten. Dass der Bus auch wirklich in Richtung Halong fährt, checkte ich zwischendurch immer mal am Handy.

Schlaflos unterwegs

Während viele der Einheimischen friedlich vor sich hin schlummerten, konnten und wollten wir nicht richtig schlafen. Können, weil es recht geräuschintensiv war. Viele schauten am Handy Filme, telefonierten nicht gerade leise oder schrieben ununterbrochen Nachrichten. Und wollen, weil wir wissen wollten, was vor sich geht, damit wir reagieren können, falls etwas unerwartetes passiert. So konnten wir auch den eigentlich schönen Sonnenaufgang miterleben.

Kaputter Reifen

Kurz nach Hanoi fuhr der Bus zunehmend langsamer, blieb immer wieder stehen und die beiden Fahrer und der Platzzuweiser stiegen aus, telefonierten und dann ging es wieder für ein kurzes Stück mit 10 bis 20 kmh weiter. Bald merkten wir, dass der Bus immer wieder bei Reifentandlern stehen blieb. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte endlich der richtige Fachmann aufgetrieben werden. Als wir endlich hielten, damit der zerfetzte Reifen gewechselt wird, waren wir erleichtert. Dann ging es rascher weiter. Rasch ist natürlich relativ, weil ständig jemand ausstieg.

Der Bus wurde eigentlich wie eine Art Linienbus betrieben. Ich kenne das von früher Asienaufenthalten, dass es das nur eine Anfangs- und eine Endstation gibt und dazwischen gibt jeder Bescheid, wo er rein und raus will. Gebucht hatten wir das allerdings nicht so und sind deswegen über den Hotelmanager, der uns das vermittelt hat, sehr verägert und enttäuscht. Unser Fazit daraus ist, dass wir hier in Vietnam sicher mit keinem Sleeper Bus mehr fahren werden.

Wieder Zivilisation

Als wir endlich in der Stadt Halong ausstiegen waren wir extrem erleichtert, schnappten uns ein Taxi zum Hotel und waren total glücklich endlich wieder in der Zivilisation gelandet zu sein. Wir nahmen sofort einen Early Checkin, um uns unter der Dusche die verrückte Nacht abwaschen zu können. Inzwischen fragen wir uns, ob das nur ein surrealer Traum war oder ob es das wirklich gibt. Andreas hat es gut auf den Punkt gebracht: „Der Bus war schon richtig, aber wir waren falsch.“

Wir sind so dankbar und glücklich, dass das für uns nur eine Ausnahme und keine Lebensrealität ist. Jetzt genießen wir auch das richtige Wetter. Denn wir sind endlich im Warmen gelandet und freuen uns schon auf die Halong Bay.

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9 Gedanken zu „Authentische vietnamesische Busreise

  1. Das ist Abenteuer pur … also diese Busfahrt wäre definitiv nichts für mich gewesen… meine Gedanken gehören ganz stark Andreas:-) 🙂 🙂 … liebe Grüße aus dem herrlich warmen Wien … PS: das Rollern macht bei dem Wetter echt Spaß….

    1. Liebe Marion, was denkst du, diese Busfahrt war auch überhaupt nichts für mich. 🙂
      Aber auch nichts für Susanne. Das war schon weit über grenzwertig.

  2. puh,na da habt’s was mitgemacht, die lange Wartezeit und die schreckliche Busfahrt,
    Bin schon gespannt auf den Bericht und Fotos von Halong Bay

    Wünsche schönes sonniges warmes Wetter und entspannte angenehme Erlebnisse !

  3. Wahnsinn, also mich hätte man nicht da rein gebracht. ihr seid wirklich mutig.ich glaub ihr braucht dann Urlaub vom Urlaub. alles Liebe Karin

    1. Es war ja schon stockfinster, als wir einstiegen. Und bis wir realisierten, in was wir da hineingeraten sind, war der Bus schon unterwegs. Und das sowieso alles im Niergendwo. Da wären wir, wenn wir ausgestiegen wären, auch verloren gewesen. Aber zum Glück ist das inzwischen längst vorbei!!!

  4. Kann mich nur anschließen: ich wär dort wahrscheinlich auch nicht eingestiegen. Und wenn doch, dann hätt ich kein Auge zugemacht! Haltet die Ohren steif!!

    1. Du glaubst gar nicht, wie schnell die damit waren, uns in den Bus zu verfrachten. Die wussten wahrscheinlich, dass wir flüchten würden, wenn sie schnell genug weiterfahren. 😉
      Wir sind jedenfalls froh, dass wir da wieder raus sind.

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