„French Kiss“

Auf dem Flug von Noumea nach Tokyo habe ich Resümee über die Tage in Neukaledonien gezogen:
Bevor ich in den Pazifik gereist bin, hatte ich ein bisschen Angst, dass mir langweilig werden könnte. Was gibt es auch schon auf einem so kleinem Eiland mit noch ein paar weiteren Mini-Inseln zu tun? Langweilig wurde mir ganz und gar nicht. Im Gegenteil, ich wurde von einem Abenteuer ins nächste geschleudert. Das war meine erste Reise, auf der so viele unerwartete, mehr oder weniger hässliche Dinge passiert sind.

Es gibt kein Leben ohne Smartphone

Das Unangenehmste von allen war natürlich der Diebstahl meines Rucksackes mit all meinen bedeutenden Utensilien. Und „meinem Leben“, also mein Smartphone. Es gibt Stimmen und auch ich selbst habe mir gedacht, vielleicht ist es ein Zeichen um herauszufinden, wie schön es ohne einem Handy sein kann. Und ich habe gelernt, es gibt (auch) (k)ein Leben ohne Smartphone!!!

Die Schwarzen

 

Über mich selbst habe ich mich gewundert, als ich bemerkte, dass ich mir sehr schwer getan habe die einheimische Bevölkerung zu akzeptieren. Abgesehen vom Diebstahl den schwarze Jungs verbrochen haben, habe ich immer wieder festgestellt, dass das Volk der Kanak ein eigenartiges Gefühl in mir hervorruft. Sie schauen recht grimmig. Bis auf die beiden Frauen der Unterkunft Chez Bella auf Lifou habe ich nie einen Kanak herzlich lachen gesehen oder gehört. Wenn ich in die Gesichter gesehen habe, habe ich eher grimmige Gesichtsausdrücke wahrgenommen. Auch wenn man diese Leute freundlich ansieht oder anlächelt, bekommt man kein Lächeln zurück. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass sie die Gegenwart von Weißen gut finden. Natürlich schwingt da immer viel subjektives Wahrnehmen mit. Doch für mich habe ich das Resümee gezogen, dass ich mich unter anderen Volksgruppen sehr viel wohler und besser aufgehoben fühle.

Schwarz und Weiß

Gerade in einem Land, in dem Kolonialismus betrieben wurde, gibt es immer die Einheimischen und die Eingewanderten. In diesem Fall gibt es die einheimischen Kanak, die weißen Neukaledonier und die weißen Einwanderer. Ich habe nur ganz wenige Leute kennengelernt, die in Neukaledonien geboren und aufgewachsen sind. Zu einem sehr großen Teil sind vor allem Franzosen als junge Erwachsene hierhergekommen, um eine Zeit hier zu leben und zu arbeiten. Und dann, sind sie geblieben. Doch egal ob schwarz oder weiß, die beiden Völker bleiben eigentlich immer unter sich und haben sich nie wirklich gemischt. Das finde ich etwas verwunderlich, wenn man gemeinsam in einem Land wohnt.

Weißer Lebensstil

Wie hier gelebt wird, bestimmen auf jeden Fall die Weißen. Welche Regierungsform, welches Schulsystem, welches Arbeitssystem. Das zieht natürlich nach sich, dass die Schwarzen immer das Nachsehen haben, weil sie in den Tribes einen komplett anderen Lebensstil führen, aber angelockt durch die vielen schönen Sachen, versuchen an diesen Systemen teilzuhaben. Doch das gelingt natürlich nicht immer oder vielleicht dauert es einfach nur noch ein paar Generationen.

Der von den Franzosen bestimmte Lebensstil führt dazu, dass dieses Land im Pazifik am anderen Ende der Welt unserem Leben viel, viel ähnlicher ist, als manches unserer Nachbarländer in Europa.

Französisch ist ein Muss

Dass Französisch die Amtssprache ist, wurde natürlich auch von den Weißen festgelegt. Und auch, dass jeder Schüler auf jeden Fall Englisch lernt. Was aber nicht bedeutet, dass man sich in Neukaledonien in einer anderen Sprache als Französisch unterhalten kann. Natürlich gibt es Ausnahmen. Ich habe schon ein paar Leute aus Anissas Freundeskreis kennengelernt, die mit mir Englisch gesprochen haben. Und ein Lichtblick war natürlich Patrick, mit dem ich zwischendurch zum Glück auch Deutsch sprechen konnte. Aber dass man mit Englisch kaum weiter kommt, finde ich enttäuschend.

 

French Kiss

Was ich dafür ausgesprochen nett fand, ist die Begrüßung und Verabschiedung. Mit dem „French Kiss“, den die dortigen Franzosen, anders als im englischen Sprachgebrauch üblich, für ein Küsschen rechts und ein Küsschen links, verwenden. Auch wenn einem jemand erst vorgestellt wird. Damit fühlt man sich auf jeden Fall gleich sehr willkommen!

Persönliche Lernerfahrung

Aus diesem Teil der Reise habe ich gelernt, dass es nicht reicht, selbst unkompliziert zu sein, was gemeinsam Wohnen auf Zeit betrifft. Das dann in einer 30 m2-Wohnung, die vor lauter Sachen und Deko schon für eine Person keinen Platz bietet. Mit einem Menschen, der bis auf seine Kindheit mit der Familie, noch nie mit jemanden zusammengewohnt hat. Und sehr konkrete Vorstellungen hat, wie etwas genau sein muss, weil man es als Lehrerin gewohnt ist, andere zu erziehen. In einem anderen Kulturkreis (tunesische, muslimische Familie meiner Gastgeberin) aufgewachsen zu sein macht manche Diskussion auch nicht gerade einfach. Das gepaart mit der Verständigung, in einer für beide Seiten fremde Sprache, ist eine recht große Herausforderung. Trotzdem habe ich mich gefreut, Anissa wieder gesehen zu haben und dieses Land kennengelernt zu haben!

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