Bangkok – ein sehr subjektives Fazit

7 volle Tage in Bangkok. Das erste Mal in Bangkok.
Ich habe davor schon sehr viel über Bangkok gehört, erzählt bekommen und auch in Youtube viele Videos von Vloggern gesehen. Und Bangkok ist nicht die erste südost-asiatische Stadt die ich gesehen habe. All das war gut so, denn so bin ich ganz gut damit zurechtgekommen.

Ich denke, aber das ist mir nicht selbst eingefallen, dass man nicht mit Bangkok, als erste südostasiatische Stadt beginnen sollte. Dann besteht nämlich die Gefahr, dass man ein bisserl durchknallt. Denn diese Stadt ist…

1) …riesig

1.500 km². Geschätzte 10 Millionen Einwohner. Über 15 Millionen Einwohner in der gesamten Metropolregion.

Ich habe in diesen 7 Tagen natürlich keinen wirklichen Eindruck über die Größe dieser Stadt gewinnen können, aber es fiel uns jeden Tag auf, egal wo wir hinwollten, es dauerte immer lang. Es gibt unterschiedliche und für meine Begriffe, sehr viele öffentliche Verkehrsmittel, die alle auch recht kurze Intervalle haben. Im Verglich zu bspw. Saigon, da gibt’s Busse. Und aus. An der ersten U-Bahn wird seit zahllosen Jahren gebaut. Aber sie fährt noch immer nicht. Neben Zug und Hochbahn und U-Bahn und Bus und Wassertaxi, gibt es in Bangkok zusätzlich Milliarden Taxis, Moped-Taxis und Tuktuks. Aber trotzdem, man braucht überall hin zumindest 1 Stunde.

2) …laut

Es ist wirklich laut in Bangkok. Der Großteil des Lärms kommt offensichtlich vom Verkehr. Es ist einfach immer und überall viel Verkehr. Die Sukhumvit Road, die Hauptverkehrsader die durch das Viertel, in dem wir wohnten führt, haben wir immer(!) voll gesehen. Voll heißt, permanenter, zähflüssiger oder stockender Verkehr. Und sosieht es auf sehr vielen, wenn nicht sogar allen Straßen aus. Vorallem Mopeds und Tuktuks scheinen keinen Lärmeinschränkungen unterworfen zu sein. Und bei vielen dieser Gefährten hat man den Eindruck, dass zwischen Motor und Auspuff alles entfernt wurde, das die Motorleistung und eben auch die Lärmentwicklung behindern könnte.

Dabei muss man etwas ganz deutlich hervorheben. Während in anderen asiatischen Ländern, wie bspw. Vietnam, von jedermann pausenlos, bei jeder Gelegenheit oder auch ohne Grund gehupt wird, hupt in Bangkok kaum jemand. Also wirklich nur gaaaanz selten.

Es wird wohl an der Gesetzeslage liegen, aber ich könnte mir auch gut vorstellen, dass die Menschen hier kollabieren würden, wenn es zusätzlich zum bereits herrschenden Lärm auch noch das pausenlose Gehupe andere Städte hinzukäme.
Und dann gibt es da noch die zahllosen Baustellen. An allen Ecken und in allen Lücken werden neue Hochhäuser hochgezogen. Büros, Hotels, Apartments, Shopping-Malls, wer weiß das schon. Mit lautem Geratter und Getöse wird Tag für Tag gebaut. Für eine noch modernere Welt.

3) …heiß und kalt

Wir waren also im Jänner in Bangkok. Nicht die heißeste Zeit. Und auch nicht die Feuchteste. Aber für mich war es an den sonnigen Tagen praktisch nicht auszuhalten.

Wenn man nun aber vor der Sonne und der Hitze zu flüchten versucht… egal wohin, dort wartet bereits eine auf Hochtouren laufende Klimaanlage um dir zu zeigen, was Kalt bedeutet und wie heftig sie blasen kann. Irgendwo habe ich das Wort „Brainfreezer“ aufgeschnappt. Sehr passend.

Für mich bedeuten diese Klimageräte-Armaden, die sicher Erkältung bei jeder meiner Asienreisen. Übrigens sind die unüberschaubaren Batterien an Klimaaggregaten auf den Dächern der Häuser, wohl auch eine Ursache für den permanenten Lärm der Stadt (siehe Punkt 2).

4) …abgefuckt und futuristisch

Ich kann diesen Punkt nicht wirklich erklären. Bangkok ist ein heilloses Durcheinander. Es ist nicht geordnet und wenig strukturiert. Kaum zu durchblicken oder zu überblicken. Mal top modern, manchmal sogar futuristisch und gleichzeitig an vielen oder gar den gleichen Stellen abgefuckt und heruntergekommen und desolat.

Wenn wir bspw. in der Haltestelle der BTS-Hochbahn der Sukhumvit-Linie in „Phrom Phong“ standen, so bot sich uns in beiden Richtungen der Bahn ein Bild, wie man es aus futuristischen, ev. gar dystopischen Filmen kennen mag. Eine nicht enden wollende Schlucht aus Hochhäusern und Wolkenkratzern, durch die sich die schnurgerade Hochbahntrasse zieht und irgendwo, sehr weit entfernt in dieser Schlucht verschwindet. Wenn man aber nahe herantritt und genau hinschaut, kann man fast zusehen wie diese moderne Technik vor deinen Augen verwittert und beginnt heruntergekommen auszusehen.

Noch sehr viel deutlicher konnten wir das in Vietnam und ganz speziell in Saigon beobachten. Dort sieht der vor 3 Jahren in Betrieb genommene Wasser-Bus aus, als sei er bereits seit Jahrzehnten in Betrieb und würde demnächst wegen Verwitterung eingestellt werden.

Es scheint ein Zeichen der Zeit zu sein, dass neue Dinge nicht versucht werden in Schuss zu halten, sondern viel rascher von noch neueren Dingen ersetzt werden. Ich höre gerade meinen Großvater sprechen.

Ein anderer Aspekt ist, dass gute Konzepte dann doch wieder schlecht umgesetzt sind. Ich liebe es mit dieser BTS-Hochbahn durch Bangkok zu rumpeln. Wahrscheinlich, weil sie futuristisch aussieht und weil wir soetwas in Wien nicht haben. Obwohl… U1, U2 und U6 fahren in Transdanubien auch fast ausschließlich im ersten Stock. Sind also auch Hochbahnen auch wenn wir sie hartnäckig U-Bahn nennen. Nun gibt es in Bangkok zwei solcher BTS-Linien, die natürlich an vielen Stellen die MRT (das ist die echte U-Bahn) und Zuglinien kreuzen. Wenn man nun auf eine dieser anderen Linien umzusteigen hat, so muss man die Station der einen Linie verlassen, die Station der anderen Linie betreten und dort ein neues Ticket kaufen. Zweimal Umsteigen bedeutet drei Tickets kaufen. Seeehr unpraktisch. Da sind unsere „Wiener Linien“ und dazu noch der „Verkehrsverbund Ostregion“, die es schon seit Jahrzehnten so gibt, eine super fortschrittliche Sache.

5) …modern und alt

In Bangkok habe ich das erste Mal, oder besser gesagt, am deutlichsten erlebt, wie alte lokale Kultur auf die neue westliche Lebensart prallt. Wobei man schon sagen muss, dass es mir mittlerweile überheblich erscheint, es als „die westliche Kultur“ oder die „westliche Welt“ zu bezeichnen. Die Asiaten stehen offensichtlich auf „good old Europe“. Sie nehmen dabei vorallem vornehme Pariser oder Londoner Lifestyles an bzw. werden mit diesen in elitären Werbekampagnen den ganzen Tag bedüddelt. Aber tatsächlich haben sie diese angenommen und weiterentwickelt und sind damit auf und davon. Zu glauben, dass wir Europäer oder auch die Amerikaner noch die Nase vorne hätten, erachte ich als naiv.

Daraus ergibt sich ein, für uns Touristen sehr angenehmer Effekt, die Bangkoker sprechen Englisch. Oftmals wirklich sehr gut, wie sich bspw. in den Apotheken zeigte. Da können sich die jungen Leute in Japan oder in Südkorea wirklich etwas abschauen.
Und gleichzeitig bietet Bangkok aber noch sehr viel alte, thailändische Tradition. Ich glaube nicht nur für uns Touristen, in Form von Tempeln und Palästen und verfallenen historischen Städten. Die Mopedtaxis, die Millionen an Straßenständen, die Märkte und Nachtmärkte, die Massage-Parlors,… All das prägt das Stadtbild und das Erleben in Bangkok noch immer.

6) …freundlich

Auch hier drängt sich wieder der Vergleich zu Vietnam auf, weil sich die beiden Länder nicht ganz unähnlich sind, weil sie beide sehr stark vom Tourismus leben, weil sie nahe beieinander liegen,…

In Vietnam haben wir ja einige, für Touristen unerfreuliche Erlebnisse gehabt. Nebst dem Diebstahl meiner Geldbörse und den dramatischen Erlebnissen bei der Fahrt mit dem Sleeperbus, haben wir ja auch immer wieder klassische Touristen-Scamms, wie angeblich gesperrte Parkplätze oder spezielle Preise für Touristen oder ähnliches erlebt.

Thailand-Reisende werden vor genau den gleichen Dingen gewarnt. Und doch hatten wir kein Erlebnis das man unter Touristen-Betrug einordnen müsste. Die Bootsfahrt durch die Khlongs hatte vielleicht eine nicht zu 100% eingehaltene Leistungsbeschreibung, aber es blieb im Rahmen.

Tatsächlich hatten wir sehr viele kleine Erlebnisse und Situationen mit freundlichen Thailändern, die uns eher helfen als uns über den Tisch ziehen wollten.

Gleiches gilt für die Versuche Touristen in Lokale oder Geschäfte zu locken oder ihnen Fahrten mit Taxis, Mopeds, Rikschas, Booten,… aufzuschwatzen. Auch das erlebten wir in Vietnam so unzählige Male viel öfter, als in Bangkok. Und es kam uns auch vor, als würden die Bangkoker es bei einem Versuch belassen und ein „Nein, Danke“ als solches zu akzeptieren. Das taten die Vietnamesen definitiv nicht.

7) …verrückt und kurios

Dazu will ich zwei Beispiele anführen.
Apotheke: Viele Medikamente sind in Thailand ganz genauso verschreibungspflichtig wie sie es in Österreich sind. Und tatsächlich, ist es mir in Wien schon oft passiert, dass ich ein Medikament erst bekommen habe, nachdem ich eine Verschreibung meiner Ärztin hatte. In Bangkok? Die Damen in der Apotheke haben sofort gewusst was ich brauche und nicht einen Augenblick gezögert es mir zu verkaufen. Und das alles zu Preisen, die weit unter unserer Rezeptgebühr liegen.

Teochew-Friedhof: Jetzt ‚mal abgesehen von diesem völlig unerklärlichen, wirklich hinterlistigen, geradezu horrorfilmartigen und sehr schmerzhaften Angriff des Insektenschwarms im Teochew-Friedhof, ist dieser schon eine echte Kuriosität. Es gibt natürlich auch in Österreich verlassene oder verfallene Friedhöfe. Aber die sind dann verlassen und verfallen und aus. Aber, dass man einen alten Friedhof nach und nach in einen Erholungspark umfunktioniert. Wobei das scheinbar eher schleichend und anlassbezogen und gar nicht geplant passiert. Da entsteht ein Freiluft-Fitnesscenter, mit sicherlich über 100, alten, heruntergekommen aber funktionstüchtigen Fitness-Geräten. Da wird eine vermessene Laufstrecke eingerichtet. Da werden Plätzchen zu Volleyball- oder Badminton-Courts umfunktioniert. Und zwischen den Gräbern entstehen Freiluft-Cafes und Karaoke-Bars. Und abends soll dieser Friedhof zum Treffpunkt und Hotspot der Bangkoker Jugend mutieren.

Fazit

Ich bin ein sehr strukturierter Mensch. Ich mags, wenn Städte ordentlich und geordnet sind. Bangkok ist das nicht. Trotzdem hat mir Bangkok sehr gut gefallen. Bangkok ist eine abenteuerliche Stadt. Wobei der Abenteuerlichkeits-Faktor so liegt, dass ich gerade noch damit umgehen kann. Und um noch eine Phrase zu dreschen, die schon wirklich zu oft gedroschen wurde: Auf Bangkok muss man sich einlassen. Was auch immer das heißen soll.

Epilog

Wir haben gelernt, dass Blogs wie dieser gerne als Quelle für die Planung von Reisen herangezogen werden. Und tatsächlich tun wir das auch sehr oft. Deshalb möchte ich hier noch ein paar Details zu unserem Quartier in Bangkok deponieren.
Wir haben im eher modernen und scheinbar gerade aufstrebenden Stadtteil Sukhumvit gewohnt. Sehr nahe, ca. 5 Gehminuten zur mächtigen Sukhumvit Road und der BTS Skytrain Station Phrom Phong. Wir hatten dort ein sogenanntes „Serviced Apartment“ in den „Oakwood Suites“. Wir haben uns ein Apartment mit einem separaten Schlafzimmer, Küche, Essbereich, Wohnbereich und Waschmaschine gegönnt. Wir haben es wirklich genossen, ausreichend Platz zu haben um uns ein bisschen auszubreiten und unsere Sachen herumliegen lassen zu können und unsere Wäsche waschen zu können. Abgesehen von der eher inexistenten Schallisolierung zu den angrenzenden Apartments, gab es für uns keinerlei Punkte der Beanstandung. Es zeigt sich immer mehr, dass diese „Serviced Apartments“, herkömmlichen Hotelzimmern um nichts nachstehen, dabei aber größer und oft auch günstiger sind.

Was uns sehr überrascht hat, im positiven Sinne, war die bei der BTS-Station angesiedelte, ziemlich neue Mall „EM Quartier“. Das tolle daran war, für uns Nicht-Shopper, aber nicht die Mall selbst, sondern die schier endlosen Möglichkeiten satt zu werden. In diesem Mall- Komplex, gibt es zum einen die „Helix“, die etwa 50 unterschiedliche Restaurants, eines nach dem anderen bietet. Zum anderen gibt es die „EM Sphere“, in der etwa 200 Essensstände, für Take-Away aber auch zum Vor-Ort-Essen beherbergt sind. Also wie ein abendlicher Fress-Standl-Markt, aber überdacht. Der komplette Essens-Overload.

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5 Gedanken zu „Bangkok – ein sehr subjektives Fazit

  1. Jetzt war ich auch in Bangkok und habe mit dir gelitten am Friedhof 😉 … und habe im Serviced Apartment logiert… dein Bericht hat mir sehr gut gefallen… ich hoffe, dass ich von KL auch so einen tollen Reisebericht lesen darf … schöne Zeit noch und xund bleiben, nicht dass du in KL auch noch die Apotheken abklappern musst 👋👋👋

  2. Ich war noch nie dort, aber für mich hat Bangkok immer noch so ein Schmuddelimage – ich weiss nicht. Das Amiland ist so gar nicht meins – in London gut zu essen und gut/günstig zu wohnen ist schwierig. Also ich liebe Wien, Paris und Hamburg ist auch nicht schlecht. Aber der Hochschober … ;.)

    1. Na dann… ab nach Singapur… Nicht sooo durchgeknallt wie Dubai und gar nicht schmuddelig. Fast wie Hochschober nur ohne Schnee und ohne Berge. 😉 😉 😉

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